Deutschland und China im Vergleich
Sowohl Deutschland als auch China gehören zu den größten Volkswirtschaften der Welt. Im Jahr 2021 belief sich Chinas Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf rund 17,5 Billionen US-Dollar, das von Deutschland auf etwa 4,2 Billionen US-Dollar. Gemessen am BIP ist China die zweitgrößte und Deutschland die viertgrößte Volkswirtschaft im Jahr 2021. Jedoch ist das pro Kopf BIP in Deutschland deutlich höher: mit einem pro Kopf BIP von rund 50.795 US-Dollar im Jahr 2021 ist Deutschland auf Rang 17 weltweit. Chinas BIP pro Kopf belief sich im selben Jahr auf rund 12.359, hat sich in den letzten zehn Jahren aber mehr als verdoppelt. Auch wuchs Chinas Wirtschaft im letzten Jahrzehnt noch mit Werten zwischen fünf und zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr (mit Ausnahme vom Corona-Jahr 2020). Deutschlands BIP wuchs dagegen eher moderat an. Zwischen Deutschland und China herrscht ein Austausch an Menschen, der sich in den letzten Jahren durch einen positiven Wanderungssaldo aus deutscher Sicht kennzeichnete.Zwei Exportnationen mit einem Exportüberschuss
Sowohl Deutschland als auch China sind global bedeutende Handelsnationen. Im Jahr 2021 war China mit großem Abstand die größte Exportnation weltweit, gefolgt von den USA und Deutschland. Sowohl Deutschland als auch China verzeichnen in ihrem Außenhandel kontinuierlich einen Handelsbilanzüberschuss, exportieren also mehr als sie importieren. China verzeichnet weltweit den größten Überschuss, rund 676 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021. Zum Vergleich: Deutschland kommt mit einem Handelsbilanzüberschuss von etwa 212,5 Milliarden US-Dollar auf Rang 2 weltweit. Im Außenhandel zwischen den beiden Exportnationen fährt Deutschland seit über einem Jahrzehnt ein Handelsbilanzdefizit, zuletzt rund 38,1 Milliarden Euro im Jahr 2021. Im Importbereich ist China hinter den USA die zweitgrößte Importnation, vor Deutschland auf Rang 3. Die großen Exportüberschüsse führen regelmäßig zu internationaler Kritik an China, aber auch Deutschland. Besonders die USA verzeichnen mit China ein großes Handelsbilanzdefizit, was einer der Hauptgründe für den Handelskrieg unter US-Präsident Donald Trump war.Die Bedeutung des Handels zwischen Deutschland und China
China ist der wichtigste Handelspartner von Deutschland. Das Gesamtvolumen des Außenhandels zwischen den beiden Ländern betrug rund 245 Milliarden Euro im Jahr 2021. Der nächstgrößte Handelspartner für Deutschland ist die Niederlande mit etwa 206 Milliarden Euro Gesamthandelsvolumen, vor den USA mit rund 194 Milliarden Euro. Das entspricht aus deutscher Sicht einem Anteil Chinas am Außenhandel Deutschlands von rund 9,5 Prozent (Stand: 2020). Auch wenn die USA derzeit noch vor China der größte Zielmarkt für deutsche Exporte sind, ist die Gesamtbedeutung Chinas offensichtlich. Von der Perspektive Chinas sieht das Bild jedoch etwas anders aus. Im Exportbereich sind die USA mit einem Anteil an den Gesamtimporten von rund 17,5 Prozent (Stand: 2020) der bei weitem wichtigste Handelspartner vor Hongkong (10,5 Prozent) und Japan (5,5 Prozent). Für den Importbereich Chinas sind besonders die ostasiatischen Nationen Taiwan, Japan und Südkorea bedeutsam, die zusammen einen Anteil von über 26 Prozent der chinesischen Importe ausmachen. Für Chinas europäischen Handel ist Deutschland jedoch der wichtigste Partner Chinas.Was wird exportiert und importiert?
Besonders bedeutend für Deutsche Exporte nach China ist die Automobilindustrie, die einen großen Teil deutscher Exporte nach China ausmacht. Die zwei wichtigsten Exportgüter Deutschlands für den Außenhandel mit China sind:- Personenkraftwagen (ohne Omnibusse): 16,66 Milliarden Euro.
- Teile, Zubehör für Kraftfahrzeuge: 9,77 Milliarden Euro.
- Automatische Datenverarbeitungsmaschinen (Computer etc.): 17,29 Milliarden Euro.
- Geräte für die Nachrichtentechnik (Smartphones etc.): 15,46 Milliarden Euro.
Chinas wachsende Investitionen in Deutschland
Der Kapitalbestand chinesischer Direktinvestitionen in Deutschland belief sich im Jahr 2021 auf rund 51,4 Milliarden US-Dollar. Während der Corona-Pandemie zwischen 2020 und 2021 sind Direktinvestitionen aus China stark zurückgegangen. Am meisten investiert wurde in den Jahren 2016 und 2018. Beide Jahre waren geprägt von hohen Einzelinvestitionen. Im Jahr 2016 investierten chinesische Anleger rund 6 Milliarden US-Dollar in das Robotik Unternehmen Kuka, was einem Anteil von rund 90 Prozent des Unternehmens entsprach. Im Jahr 2018 investierte der chinesische Autobauer Geely rund 9 Milliarden US-Dollar in den Automobilkonzern Daimler und halten seitdem einen Anteil von fast zehn Prozent am Konzern. Insgesamt fließen rund die Hälfte chinesischer Investitionen in Deutschland in den Transportsektor. Immobilien und Technologie sind die Branchen mit den höchsten Anteilen chinesischer Investitionen nach dem Transportsektor.Auch der Wert deutscher Investitionen in China ist zwischen 2010 und 2018 stark angestiegen, von etwa 29 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf etwa 88,4 Milliarden Euro im Jahr 2018. Im Jahr 2021 sind die deutschen Investitionen in China erneut angestiegen, der Kapitalbestand hat zum ersten Mal die 100 Milliarden Euro Marke überstiegen. Der Anteil deutscher Investitionen in China macht einen Anteil von rund 6,5 Prozent aller deutscher Direktinvestitionen im Ausland aus. Der Großteil deutscher Investitionen im Ausland fließt in andere EU-Länder und die USA. Aus deutscher Sicht sind deutsche Unternehmen in China noch zu großen Beschränkungen ausgesetzt, wie der Zwang zu Joint Venture und eingeschränkter Zugang zu bestimmten Wirtschaftssektoren. Seit Chinas Beitritt zur WTO im Jahr 2001 haben sich die Märkte im ostasiatischen Staat zwar teils geöffnet, aus deutscher und europäischer Sicht gibt es aber noch Aufholbedarf, wie im Bereich des Schutzes geistigen Eigentums.
Wie würde sich eine Entkopplung von China auf die deutsche und chinesische Wirtschaft auswirken?
Das ifo-Institut hat in einer Studie verschiedene Szenarien der wirtschaftlichen Entkopplung von China analysiert. Dazu wurden die Auswirkungen einer Erhöhung von Handelszöllen und sogenannten nicht-tarifären Handelsbarrieren simuliert. Im Ergebnis würde sich eine Rückverlagerung der deutschen Produktion nach Deutschland und seine Nachbarländer negativ auf die deutsche Wirtschaft auswirken. Ein sogenanntes Reshoring, also eine Rückverlagerung der Produktion nach Deutschland und die Rückabwicklung internationaler Wertschöpfungsketten, würde zu einem Verlust des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von rund 9,7 Prozent führen. Für China wäre der BIP-Verlust deutlich geringer, bei etwa 0,7 Prozent. Sollte Deutschland seine Produktion rückverlagern, aber auch Teile in andere EU-Länder, Nordafrika oder die Türkei verlagern, würde der BIP-Verlust immer noch bei rund 4,2 Prozent liegen. Sollte sich die gesamte EU von China wirtschaftlich entkoppeln würde dies zu einem BIP-Verlust von etwa 0,5 Prozent bei Deutschland und etwa 0,4 Prozent bei China führen. Ein Handelskrieg, sprich sollte China die Strafzölle und Handelsbarrieren erwidern, würde dies sogar zu einem BIP-Verlust von rund 0,8 bei Deutschland und etwa 0,76 Prozent bei China führen. Dies entspricht einem wirtschaftlichen Schaden, der etwa viermal so groß ist wie durch den Brexit ausgelöst. Sollte sich jedoch der Westen insgesamt (EU-27, Großbritannien, USA, Kanada, Japan und Australien) von China entkoppeln, würde das China weitaus größere wirtschaftliche Schäden erwarten. Rund 1,5 Prozent BIP-Verlust bei einer einseitigen Entkopplung des Westens und rund 2,3 Prozent bei einem Handelskrieg. Der BIP-Verlust für Deutschland wäre jedoch auch hoch (rund 0,55 bis 0,76 Prozent) und auch die EU und die USA hätten mit einem BIP-Verlust von 0,4 bis 0,5 Prozent zu rechnen. Ein Freihandelsabkommen mit den USA könnte zwar einige Schäden auffangen, jedoch würden alle Beteiligten nach wie vor mit einem Verlust der Bruttowertschöpfung rechnen müssen. Der deutsche Handel mit China würde bei einer Entkopplung des Westens oder der EU erwartbar stark einbrechen. Von einer Entkopplung des Westens von China würde vor allem der Rest der Welt profitieren, der Westen, die EU und China müssten Handelseinbrüche in Kauf nehmen. In jedem Fall würde eine Rückabwicklung internationaler Wertschöpfungsketten zu einem Wohlstandsverlust in Deutschland führen, wobei die Kosten je nach Szenario unterschiedlich verteilt sind.Sind Direktinvestitionen ein Sicherheitsproblem?
Chinesische Direktinvestitionen im Ausland sind in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Vor allem in Ländern entlang der Seidenstraßeninitiative haben Direktinvestitionen zugenommen. Auf Europa fällt global gesehen ein kleinerer Anteil. Nicht erst Investitionen, wie die beim Robotik Unternehmen Kuka im Jahr 2016, haben in Deutschland die Debatte um Übernahmen von Unternehmen aus dem Ausland in einigen Fällen nationale Interessen oder Sicherheit gefährden können. In Europa wurde auch politisch auf die erhöhte Aktivität chinesischer Investoren reagiert. Auch im Zuge des Ausbaus der 5G-Netze kam wiederholt Diskussion um kritische Infrastruktur auf. Der chinesische ICT-Konzern Huawei bot sich für den Aufbau solcher Netze an. Dies wurde aufgrund der zentralen Bedeutung von 5G für die Industrie in Zukunft kritisch diskutiert. Auf deutsche Initiative hin schaffte die EU im Jahr 2019 eine gemeinsame Verordnung für einen Rahmen für ausländische Direktinvestitionen. Auch Deutschland verschärfte in den Jahren 2017 und 2018 die eigene Außenwirtschaftsverordnung. Bei Transaktionen, die mehr als zehn Prozent der Stimmrechte beinhalten kann der Staat demzufolge Investitionsprojekte untersuchen.Im August 2023 hat US-Präsident Joe Biden per Dekret Direktinvestitionen in den Technologiesektor in China untersagt, bzw. müssen sich Investoren künftig Genehmigungen einholen. Eine Investitionskontrolle wird auch in Europa und Deutschland diskutiert. Von den Beschränkungen ist vor allem der Hochtechnologiesektor in China betroffen. Die Halbleiterproduktion wird von den USA als Sicherheitsrisiko angesehen, da Fortschritte Chinas im Bereich des Quantencomputings auch dem chinesischen Militär zugute kämen. Zuletzt stiegen die deutschen Investitionen in China im Jahr 2021 noch deutlich an.